Der Hut des Präsidenten

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1871

Ein Hut auf dem Kopf verleiht einem eine unleugbare Autorität über die, die keinen tragen.

                                                                                                                                                                                       Tristan Bernard

Dieses Zitat findet sich anstelle einer Widmung auf der ersten Buchseite. Es wird zum Leitmotiv des gesamten Romans, in dessen Mittelpunkt ein Herrenhut mit den Initialen „F. M.“ steht. Schnell wird klar, dass es sich nicht um einen gewöhnlichen schwarzen Filzhut handelt, sondern um den Hut des ehemaligen französischen Staatspräsidenten François Mitterrand. Alles beginnt, als dieser seinen Hut in einer Brasserie vergisst. Danach wechselt der Hut unter verschiedenen Umständen seine Besitzer und Antoine Laurain lässt jeden seiner Protagonisten seine ganz eigene Geschichte mit diesem Hut erleben. Ein und derselbe Hut prägt und verändert das Leben seiner unterschiedlichen Träger: Ein Bankangestellter fasst dank des Hutes den Mut, im Job seinen Vorgesetzten einmal zu sagen, was er wirklich denkt, und wird prompt befördert, lässt der Hut beim Umzug aber im Zug liegen. Eine junge Frau inspiriert der Hut zu einer Lügengeschichte, die ihr letztlich hilft, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen und ihr Privatleben neu zu ordnen. Beim nächsten Träger, einem begnadeten Parfumeur, bewirkt der jetzt unterschiedliche Düfte vereinende Hut, was einem sündhaft teuren Psychoanalytiker über Jahre hinweg nicht gelungen war, nämlich die Rückkehr der „Meisternase“. Jede Geschichte ist für sich genommen ein wahres Lesevergnügen, das in einem sehr überraschenden Schlussakkord endet und den Leser schmunzelnd zurücklässt. Der Autor, auch Drehbuchschreiber, hatte eine glänzende Grundidee, die er sprachlich wie inhaltlich erstklassig umgesetzt hat. Dieser Roman ist ein Beweis dafür, dass unterhaltende kurzweilige Literatur auch auf hohem Niveau stattfinden kann. Als Leser wird man geneigt sein, sich das letzte Kapitel des Buches noch einen Tag länger als nötig aufzuheben, allein um einen Tag länger dem Lesegenuss diese Roman frönen zu können.

Pia-Alexandra Kappus

Roman. Von Antoine Laurain (aus dem Französischen von Claudia Kalscheuer, Originalausgabe erschienen 2012 unter dem Titel „Le chapeau de Mitterrand“). Atlantik Buch, erschienen im Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg. 1. Auflage 2016, 239 Seiten, 20,- Euro. ISBN 978-3-455-65022-8