Die Frauenquote auf der Trainerbank

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Foto: P.Kappus

Angela Merkel hat es immer schon gewusst. Vom Profisport kann auch die Politik viel lernen, zum Beispiel wie man zu den Gewinnern gehört. Nicht zuletzt deshalb geht sie so gerne in die Spielerkabine unserer Fußballnational-mannschaft. Auf den derzeit so trendigen und daher unvermeidlichen Selfies ist Angela Merkel zumindest momentan noch, die einzige Frau unter den echten Kerlen.  Doch das könnte sich bald ändern. Vom Profisport lernen könnte  in Zukunft nämlich nicht nur bedeuten, „siegen zu lernen“, sondern auch Gleichberechtigung zu leben. Tatsächlich baut der Profisport momentan seine Vorbildfunktion nicht nur durch die Spieler aus, sondern gerade auch durch seine Trainer. Profivereine in Männerdomänen wie Fußball und Basketball zeigen der Wirtschaft und Politik, wie man sich ohne staatlich verordnete Frauenquote, ganz freiwillig, auf den Weg der Gleichberechtigung begeben kann.

Als wir hier im Blog Anfang des Jahres über Helena Costa ( Vorgängerin von Corinne Diacre) als erste weibliche Fußballtrainerin einer Männermannschaft, nämlich der des französischen Zweitligaclubs Clermont Foot, berichteten, hielten auch wir die Entscheidung des französischen Clubs für ein mutiges Experiment und rechneten nicht mit einer hohen Nachahmungsquote anderer Proficlubs. Scheinbar werden wir derzeit aber erfreulicherweise eines besseren belehrt. Die hochnoble amerikanische Basketballliga NBA hat nachgezogen und Becky Hammon als hauptamtliche Co-Trainerin der San Antonio Spurs verpflichtet. Selbst im konservativen Deutschland trainiert mit Tina Bachmann seit Neustem eine Frau die Hockey-Männer des Erstliga-Proficlubs Uhlenhorst Mühlheim. Wie nicht anders zu erwarten war, stehen diese Frauen nicht nur unter immensem Erfolgsdruck, sondern auch und vor allem unter ganz besonderer Beobachtung der Medien. Dass die Fußballmänner des französischen Clubs Clermont Foot ihr erstes Spiel mit 1:2 verloren haben, hätten wir hier in Deutschland nie erfahren, wenn die Mannschaft von einem der zahlreichen männlichen Trainer geführt worden wäre und nicht von Corinne Diacre. Wir wollen doch hoffen, dass die Medien über den französischen Zweitligaclub, für den sich hierzulande vermutlich auch die hartnäckigsten Fußballfans kaum interessieren dürften, auch dann weiterhin so fleißig berichten, wenn dieser seine Spiele gewinnt. Wie der Club tatsächlich spielt, interessiert ja eigentlich niemanden so wirklich, die für die Medien spannende Frage ist, kann eine Frau das überhaupt schaffen? Klar kann sie, warum denn nicht! Die Frage ist nur, ob die Vereinsführung und die Medien ihr genug Zeit geben, das unter Beweis zu stellen oder ob man eigentlich von vornherein auf ein Scheitern wartet, so wie es in den Vorständen der Wirtschaftsunternehmen zu sein scheint, aus denen in letzter Zeit einige der Vorzeigefrauen, mehr oder minder freiwillig, wieder ausgestiegen sind. Wir hatten auf diesem Blog bereits darüber berichtet.

„Wer was will, findet Wege, wer was nicht will, findet Gründe“, lautet ein berühmtes Zitat von Willy Meurer, das auch von Sportlern gerne bemüht wird. Wollen wir hoffen, dass Frauen wie Corinne Diacre, Becky Hammon und Tina Bachmann ihre Wege finden und nicht an den „Gründen“ scheitern. Dann werden die Selfies aus den Männerumkleidekabinen des Profisports  auch bunter und Politik und Wirtschaft können wirklich etwas vom Sport lernen. Auch in der Wirtschaft müssen ja immer wieder Trainerstellen kurzfristig neu besetzt werden, wie man zuletzt an Bilfinger gesehen hat. Und da zeigt ein Philipp Lahm mit einem astreinen Rücktritt als Fußballweltmeister wie man es richtig macht. Ein Roland Koch hingegen, verliebt in die Theorie der Deutungshoheit auch im Scheitern, gefällt sich darin zu verbreiten, sein großer Ehrgeiz und sein hohes Tempo hätten den im Umbau begriffenen Konzern Bilfinger überfordert! Der Mann hat Gründe! Vielleicht finden Frauen in der Wirtschaft demnächst Wege.

Pia-Alexandra Kappus

P.S.: Im zweite Spiel gegen AJ Auxerre jedenfalls erzielte Diacre’s Mannschaft ein Unentschieden, ein 1:1.