Wieder eine Frau weniger

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So titelt die Süddeutsche Zeitung in ihrer Ausgabe vom 3. Juli 2014 .In dem Artikel wird berichtet, dass die Spitzenmanagerin Angela Titzrath ihren Vorstandsposten als Personalchefin bei der Deutschen Post AG überraschend nach nur zwei Jahren aufgegeben hat. Offiziell „aus persönlichen Gründen“. Natürlich „schießen die Spekulationen ins Kraut“, woran es wirklich gelegen haben mag. Gemunkelt wird über inhaltliche Differenzen zwischen Titzrath und dem Konzernchef Frank Appel, namentlich über die künftige Tarifpolitik. Titzrath hatte in der Vergangenheit relativ hohe Tariflohnerhöhungen verantwortet und damit kostenträchtige Streiks vermieden. Die tatsächlichen Gründe gehen selbstverständlich, außer die direkt Beteiligten, auch Niemanden etwas an. Festzuhalten bleibt indes die Tatsache, dass Frau Titzrath leider nicht die einzige Topmanagerin ist, die nach relativ kurzer Zeit in der Vorstandsetage ihren Posten räumt. Ebenso erging es Marion Schick bei der Telekom, Regine Stachelhaus bei EON und Brigitte Ederer bei Siemens. Der Trend geht damit in eine völlig falsche Richtung. Statt mehr Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen der DAX-Unternehmen, werden es eben weniger.

Befremdlich und bezeichnend zugleich sind in diesem Zusammenhang die Erklärungsversuche männlicher Top-Managerkollegen, wie beispielsweise dem Aufsichtsratschef der Commerzbank, Klaus-Peter Müller, der zu diesem Thema ebenfalls in der SZ mit der Aussage zitiert wird „Wenn eine Frau zu schnell in Top-Führungspositionen gedrängt wird, muss das nicht positiv sein“. Besser sei es, auf die klassische Weise (auch gerne Ochsentour genannt) die Karriereleiter zu erklimmen. Ist es Arglosigkeit oder Überheblichkeit, die Herrn Müller offenbar nicht erkennen lässt, wie überdeutlich er in diesem einen kurzen Satz die geballten Ressentiments der männlichen Managerwelt gegen Frauen in Top Führungspositionen offenbart?

Herrn Müller geht der Aufstieg der Frauen also zu schnell. Dabei unterstellt er den Frauen auch gleich noch, dass auch sie das eigentlich gar nicht so wollten, sondern gedrängt würden. Von wem und warum fragt man sich? Weil man Quotenfrauen braucht, ohne sie wirklich zu wollen? Fakt ist, dass er damit den Frauen eine eigene zielstrebige Karriereplanung abspricht. Nicht sie sind es, die sich die Führungsposition erarbeiten, sondern sie werden hineingedrängt, obwohl sie noch gar nicht so weit sind. Wer allerdings bestimmt, wann die Managerinnen denn reif für Vorstandsetagen sind, sagt Herr Müller nicht. Muss er ja auch nicht – ist sowieso klar! Da sich in den entsprechenden Führungsgremien nahezu ausschließlich Männer befinden, muss nicht ausdrücklich erwähnt werden, wer die Deutungshoheit darüber hat. Dort herrscht genau die Ansicht vor, die Herr Müller unterbewusst in seinem Statement offenbart. Frauen sind durchaus qualifiziert und sollen auch auf dem klassischen Weg der Karriereleiter Stufe für Stufe erklimmen dürfen – aber eben bitte langsam. Hinter der letzten Stufe befindet sich dann allerdings ein fest verschlossenes eisernes Gitter, vor dem sie warten mögen, bis es von innen geöffnet wird. Genau das ist ja momentan die Situation vieler beruflich erfolgreicher Frauen. Sie machen genau die von Herrn Müller empfohlene Ochsentour, und wenn sie dann kurz vor dem Tor stehen, ist Schluss. Die Situation gleicht dem kafkaesken Türhüterspuk! Zunächst hat in einigen Fällen die Familienplanung Vorrang und später sind wir dann zu alt, jedenfalls aus der Sicht der männlichen Top-Manager.

Diejenigen, die es, wie Angela Titzrath, dennoch schaffen, finden dann meist Strukturen vor, die sie für reform-und verbesserungswürdig halten, vor allem im Hinblick auf effizientes, familienorientiertes Zeitmanagement und Reduzierung selbstdarstellerischer Außenwirkung zu Gunsten sachorientierter Lösungswege. Dass die immer noch männlich dominierten Chefetagen an solchen Änderungen nicht interessiert sind, zeigt das Statement von Herrn Müller überdeutlich. Die Frage ist nämlich nicht, ob und wann die Frauen bereit für die Führungspositionen sind, das sind sie schon längst. Die richtige Frage ist, ob und wann die Vorstandsetagen/Aufsichtsräte bereit sein werden für die Frauen und wer sie dazu drängen kann, die ihnen bevorstehende Ochsentour endlich einmal mit einem innovativen, sachorientierten Umdenken zu beginnen.

Pia-Alexandra Kappus