Warum ich beim neusten Bahnstreik an Herbert Grönemeyer denke!

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fotalia.Astrid Gast
fotalia.Astrid Gast

Die Nachricht eines erneuten, nunmehr unbefristeten Bahnstreiks ereilt mich während meiner Rückfahrt von Bielefeld nach Frankfurt a. M. Vor wenigen Minuten noch hatte ich mich gegenüber meinem Büro geradezu überschwänglich lobend über die heutige Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit der Bahn geäußert – immerhin hatte auf dem Hinweg der Anschlusszug in Hannover auf unseren nur wenige Minuten verspäteten ICE aus Frankfurt a. M. gewartet, so dass ich von Hannover aus noch pünktlich meinen Gerichtstermin in Bielefeld wahrnehmen konnte. Dass ich auf der Rückfahrt in Hannover leider nur noch die „Rücklichter“ meines Anschlusses nach Frankfurt a. M. gesehen habe, möchte ich an dieser Stelle einmal vernachlässigen. Die einstündige Wartezeit bis zum nächsten ICE nach Frankfurt a. M. habe ich mir mit einem Caramel Macciato versüßt und die Gelegenheit genutzt mit meinem Büro zu telefonieren, ua um lobende Worte dafür zu finden, dass ich auf Grund der nur sehr mäßigen Unpünktlichkeit der Bahn dieses Mal noch so rechtzeitig vor Büroschluss zurück sein würde, um meine Sekretärin noch mit „ausreichend Arbeit einzudecken“.

Nun haben meine Sekretärin und ich wahrscheinlich sehr unterschiedliche Sichtweisen, was die Zuverlässigkeit der Bahn betrifft. Vermutlich hätte meine ansonsten uneingeschränkt loyale „Hüterin der Termine und Fristen“ mit einer erneuten Unpünktlichkeit der Bahn ganz gut leben können; die Erfahrung meiner letzten, geschätzt fünfzig Geschäftsreisen dürfte jedenfalls das Vertrauen meiner Büromanagerin in einen frühen Feierabend auch am heutigen Tag genährt haben. Aber nix da, die Bahn war zu mindestens 50 % pünktlich! Vielleicht war es diese Enttäuschung, die meiner Mitarbeiterin leicht triumphierend den Hinweis entlockte, ich solle den Tag mal nicht vor dem Abend loben, denn der bevorstehende Bahnstreik falle genau in die Zeit meiner nächsten Reise nach Berlin. Das dafür gebuchte Zugticket habe sie bereits storniert und einen der letzten Plätze auf einem Flieger nach Berlin gebucht.

Nun, wer eine so fähige, blitzschnelle Assistentin hat, muss sich eigentlich über den Bahnstreik nicht beschweren. Hinzu kommt als Arbeitsrechtlerin, die überwiegend die Arbeitnehmerseite vertritt, dass ich mich auch gar nicht beschweren darf. Das Streikrecht ist in der Tat eine der wenigen Waffen der Arbeitnehmer und als Arbeitsrechtler kann man es gar nicht hoch genug halten – egal wie sehr man sich privat über die kindische Dickköpfigkeit zweier Strei(k)tprotagonisten ärgert, die offenbar wild entschlossen sind, dem jeweils anderen den bereits sicher geglaubten Titel „Ego-Shooter des Jahres“ streitig zu machen.

Was mir aber auch als Arbeitnehmersympathisantin durchaus erlaubt bleibt, ist die Gedankenspielerei, wie sich der Konflikt wohl entwickelt hätte , wenn ein Regisseur die Gelegenheit erhalten hätte, die beiden Hauptrollen in diesem Drama mit anderen Personengruppen zu besetzen. Bedingt durch die Frauenthematik dieses Blogs liegt zunächst natürlich der Gedanke nahe, sich zwei Führungsfrauen auf den zentralen Schaltstellen der Macht vorzustellen. Aber ehrlich gesagt, fehlt mir dazu zwar keineswegs die Phantasie, wohl aber das Vertrauen darauf, dass Frauen es besser machen würden. Den einzelnen Glücksfall mal ausgenommen, aber der findet sich sicher auch unter Männern.

Vielleicht gäbe es aber auch noch eine andere Alternative. Können Sie sich noch an den bekannten Song von Herbert Grönemeyer erinnern? „Kinder an die Macht … Gebt den Kindern das Kommando. Sie berechnen nicht, was sie tun. Die Welt gehört in Kinderhände …“

 

Pia-Alexandra Kappus