Mädchen in Männerberufen

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Girls Day
So etwas hat es in meiner Jugend nicht gegeben. Hätten wir das vielleicht auch gebraucht? Einen Mädchen-Zukunftstag? Ehrlich gesagt, ich habe es nicht vermisst und meine Berufswahl hätte es auch nicht beeinflusst – aber ich finde es gut, dass es für unsere heutige Jugend so etwas gibt.
Wir haben in unserer Kanzlei allerdings kaum Anfragen für den Girls‘ Day, was einerseits ein ermutigendes Zeichen dafür ist, dass die jungen Mädchen sich an diesem Tag tatsächlich die Arbeitswirklichkeit in Männerberufen ansehen. Dazu gehört der Ausbildungsberuf der Rechtsanwaltsfachangestellten ja nicht gerade. Andererseits ist es aber auch zugleich ein ernüchterndes Zeichen, dass sich in unserer Kanzlei noch nie junge männliche Schüler für den Boy’s Day gemeldet haben. Aus Gleichberechtigungsgründen ist auch dieser Tag ja mittlerweile ebenfalls eingeführt worden. Während es für die Ausbildung zum kaufmännischen Angestellten durchaus auch zahlreiche männliche Bewerber gibt, sitzen in den Berufsschulklassen der Rechtsanwalts-fachangestellten nahezu ausschließlich junge Frauen. Vor 30 Jahren war der Männeranteil in diesem Beruf noch deutlich höher.
An der Möglichkeit sich, an Projekttagen die Berufswelt des anderen Geschlechts anzusehen, kann es also nicht unbedingt liegen, dass sich verschiedene Berufe stark geschlechtsspezifisch entwickelt haben. Karrierechancen und finanzielle Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb eines Berufs sowie das gesellschaftliche Ansehen des Berufsbildes sind und bleiben sicherlich auch in Zukunft die wichtigsten Entscheidungskriterien für die Berufswahl. Deswegen wird es nicht mit einem Projekttag getan sein, egal ob man ihn Girls‘ oder Boys‘ Day nennt, wenn sich wirklich etwas ändern soll. In den typischen Männerberufen wird man die gesellschaftlichen Vorbehalte abbauen müssen. Wie so oft kann das im Kleinen anfangen: Wenn Väter ihre Töchter einmal einen schiefen Nagel in die Wand schlagen lassen und das Bild trotzdem dranhängen; wenn Mütter die Geduld aufbringen, wenn eine „Männerschlacht“ ihre Küche verwüstet hat! In den typischen Frauenberufen wird man an den Einkommensmöglichkeiten und am gesellschaftlichen Ansehen der Berufsbilder arbeiten müssen, wenn in Zukunft der Männeranteil in sozialen Berufen wie z.B. als Kindergärtner steigen soll.
Bis dahin können Girls‘ oder Boys‘ Day gern weiterhin stattfinden, in der Hoffnung, dass sie eines Tages überflüssig werden.

Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Girls‘ oder Boys‘ Day gemacht? Schreiben Sie uns Ihren Kommentar.

Pia-Alexandra Kappus